Einige Lieder werden sich als meine ohnehin heißgeliebten Favoriten entpuppen, aber dann auch mit halbwegs objektiver Begründung aus der Sicht des (Elektro-)Pop liebenden Mittzwanzigers.

(Vorweg als „Spielregeln“: Es zählen alle Titel des jeweiligen Albums. Die, die tatsächlich eine Single waren, stehen als gesetzt, bedürfen also keiner Begründung. Nicht als Auskopplung zählen Promo- & Live-Singles.)
Ainsi soit je – Allan
Allan hat etwas psychodelisches an sich. Die letzten Jahre feierten gerade Lieder der Band Tame Impala mit ähnlichem Stil bei der Generation TikTok größere Erfolge. Allan wäre in dem Fall natürlich seiner Zeit um einige Jahre voraus. Nichtsdestoweniger besticht es mit einer ungewöhnlichen Struktur ohne festen Refrain mit wechselndem Beat & außergewöhnlichem Piano-Riff. Darüber hinaus hat Mylène gut unter Beweis gestellt, dass der Track selbst Live die Menge zum Ausrasten bringt. Welche Zeilen auf dem Album versetzen das hörende Publikum mehr in Trance als „D'étrange rêveries comptent mes nuits / D'un long voyage où rien ne vit“?

L'autre – Pas De Doute
Meine absolute Lieblingsnummer, klar! Textlich ist es wohl nicht wirklich einer Alleinstellung wirklich, aber „ohne Zweifel“ bricht diese Nummer von der Gesamtwirkung & der Melodie her aus dem Album raus. Ich bekomme beim Hören immer sofort gute Partylaune, trotz – oder gerade wegen – des In-Dein-Gesicht-Textes. Der lyrische Rhythmus des Refrains ist hier genau so unbeschreiblich wie Mylènes stimmliche Performance. Dazu sind die programmierten Drums in diesem Lied wieder ausgezeichnet vielschichtig, ähnlich der Lead-Single Désenchantée. Ein roter Faden wäre also vorhanden.

Anamorphosée – Vertige
Ich bin kein Fan des Tracks. Ich weiß nicht wieso, es trifft irgendwie keinen Nerv bei mir. Dennoch ist es einer Single würdig. Der Refrain catcht mich immerhin mehr als der der tatsächlichen Single „Comme j'ai mal“. Die Songstruktur, die Drums & dazu die Gitarren im Refrain bieten viel Potenzial für mehr als einen einfachen Album-Titel.
Innamoramento – Méfie-toi
„La force est féminine!“ Fürwahr, Mylène! Textlich die wahren Stärken des schöneren Geschlechts vermittelnd zeigt sich „Méfie-toi“ auch musikalisch von einer optimistisch-selbstbewussten Seiten. Der Fakt, dass Mylène den Song alleine schrieb, unterstreicht die Botschaft umso mehr. Singles tragen bekanntlich auch den Live-Faktor auf ihren Schultern, welcher deren Ansehen steigern soll. Allen Zweiflern in der Wahl dieses Liedes als potenzielle Single sage ich nur eins: I. A. O.; I. A. O.
Avant que l'ombre – Aime
Radiotaugliche Länge, bittersüßer Liebestext, angenehme Instrumentalisierung – das Ding geht runter wie Öl. Das werkdurchziehende elektrische Piano vom Intro zieht zumindest meine Wenigkeit gleich in den Rhythmus dieser Nicht-Single. „Aaaaaaimeeee“ bleibt ausrufend bereits nach einmaligem Hören im Ohr & wurmt sich ins Hirn.
Point de Suture – Je m'ennuie
Wer kam denn bitte auf die glorreiche Idee, „Dégénération“ als Single zu veröffentlichen? Es ist clubtauglich & vielleicht auch Live ein Bringer, aber dort greift für mich das Single-Potenzial nicht so recht, mangels ordentlichem Text. Ich bin nun auch kein großer Verfechter von „Je m'ennuie“, aber es hat Substanz. Dazu scheint es sich auch recht schnell zum Fan-Favorit für diesesAlbum hochgearbeitet zu haben. Vieleicht hätte eine Single-Auskopplung nicht geschadet. Vielleicht schreibe ich auch nur im Wahn.

Interstellaires – Un jour ou l'autre
Für mich stellt diese Nummer nicht nur den glorreichen Abschluss des Albums dar. Vielmehr hätte es die Balladen-Auskopplung von Interstellaires werden können. Hätte, würde, könnte – Konjunktiv II! Jedes Album verdient eine Balladen-Single & welche würde sich hier besser anbieten als den Blick gen „einen oder anderen Tages“? Die mylènsche Melancholie zeigt sich hier nicht nur textlich, sondern zeigt sich auch im musikalischen Nutzen von dunklen Synths, bezaubernder Piano-Melodie & schottischer Hochland-Snare – ein sentimal-gefühlvolles Arrangement begleitet von einsamen Gitarrenklängen.
Désobéissance – On a besoin d'y croire
Absoluter Club Hit! Das Teil nicht mit einem erweiterten Remix-Bundle als Vinyl zu verkaufen & damit die Clubs der Nation zu fluten, war eine vertane Chance. Der Text ist so einfach wie zeitgemäß. Die melodischen Klänge des Refrains sind Balsam für die Seele. Der Bass, der durch die Boxen dröhnt, stimuliert die euphorischen Glücksgefühle. „On a besoin d'y croire“ hat nicht nur den Anschluss als Single verpasst, es wurde auch noch bei Live 2019 völlig im Stich gelassen.

Cendres de Lune/Bleu Noir/Monkey Me
Die Alben haben eigentlich schon die richtigen Singles. Nämlich die, die etwas tiefgründiger produziert wurden & somit über einen hochwertigeren Klang verfügen. Hier sehe ich nichts weiter als Potenzial.
Und nun ihr: Welche Singles hättet ihr eher gesehen, weggelassen oder ausgetauscht?